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KI sicher einsetzen: So bleibt Ihre Qualitätssicherung auf Kurs

Qualitätssicherung, Schifffahrt, Transport

Künstliche Intelligenz (KI) hat die Industrie im Sturm erobert. Auch wenn der größte Hype um ChatGPT sich langsam legt, bleibt die Erkenntnis, dass KI viele Bereiche der Wirtschaft nachhaltig verändern wird. Auch die Qualitätssicherung zählt hierzu. Für Entscheider und Mitarbeiter hat der schwierige Teil nun begonnen: Die wertschöpfende Integration von KI in die täglichen Abläufe des Unternehmens. Dieser Artikel soll zeigen, wie Mitarbeiter und Entscheider der Qualitätssicherung ihr Unternehmen auf KI vorbereiten können.

Wenn es um Digitalisierung und Automatisierung geht, hat die Qualitätssicherung in vielen Unternehmen lange eine Vorreiterrolle gespielt. Die Erfassung von Leistungskennzahlen und deren statistische Auswertung ist seit jeher eine Kernkompetenz der Qualitätssicherung. KI-gestützte Prüftechnik kommt in produzierenden Betrieben seit vielen Jahren zum Einsatz (zum Beispiel bei Kameraprüfungen). Bedeutet dies also „business as usual“ für die Qualitätssicherung?

Hier liegt ein Trugschluss vor: Viele Unternehmen rühmen sich mit Schlagworten wie „big data“, „analytics“ und KI, sind aber tatsächlich kaum auf die Veränderungen vorbereitet, die KI mit sich bringt. Der Bereich Qualitätssicherung bildet hier keine Ausnahme. An allen Ecken und Enden entsteht Verschwendung durch ineffiziente Datenerfassung, händische Datenübertragungen von Tabellen in PowerPoint-Präsentationen und wieder zurück. Das Problem dabei ist: Diese Verschwendung bindet wertvolle Arbeitskraft, aber sie verschwindet oft in intransparenten Overheadkosten und bleibt unsichtbar. Bis jetzt.

KI wird diese Ineffizienzen schonungslos offenlegen. Analysen, die früher Tage gedauert haben sind mittels KI in Sekundenschnelle möglich. KI erlaubt es komplexe Herstellungsprozesse deutlich schneller zu optimieren, als dies mit klassischen Methoden möglich wäre. Ausfälle an Teilen und Maschinen können mittels analytischer Modelle vorhergesagt und verhindert werden, bevor schlechte Teile ausgeliefert werden oder ein Maschinenschaden entsteht. Unternehmen, die diese Vorteile nutzen können, verschaffen sich einen erheblichen Vorsprung vor der Konkurrenz.

Abb. 1: Mit ChatGPT generiertes Bild, ©Stefan Prorok, Prophet Analytics

Was können Entscheider in der Qualitätssicherung tun, um Einsparpotentiale durch KI für ihr Unternehmen zu erschließen? Das Bild von KI als Sturm bildet eine nützliche Analogie. KI bringt Veränderung, Gefahren und Möglichkeiten und wie gute Seeleute müssen Entscheider und Mitarbeiter ihr Unternehmen sturmsicher machen. Nur so können sie verhindern vom Hype fortgeblasen zu werden oder Schiffbruch zu erleiden. Die wichtigsten Aktivitäten sind hier stichpunktartig zusammengefasst.

Maschinen und Treibstoffvorrat prüfen

Dass Daten die Grundlage für KI darstellen, hat sich inzwischen herumgesprochen, aber noch immer wissen viele Unternehmen nicht was damit gemeint ist. Eine eingescannte Fehlersammelkarte ist zwar streng genommen ein digitaler Datensatz, aber für KI gänzlich unbrauchbar. Entscheider in der Qualitätssicherung müssen darauf achten, dass Daten maschinenlesbar erfasst werden. Excel-Tabellen sind besser als Text oder Bilder. Noch besser sind aber Formate mit einer fest vorgegebenen Struktur, wie JSON, xml oder Datenbanktabellen. Vermeiden Sie Freitext, wo immer es geht. Nutzen Sie stattdessen fest vorgegebene Auswahlmöglichkeiten. Mit diesen einfachen Mitteln schaffen Sie eine gute Grundlage für die KI-Nutzung.

Die Maschine, die diese Daten verarbeitet sind Visualisierungs- und KI-Werkzeuge. Glücklicherweise müssen Mitarbeiter heute nicht mehr programmieren, um KI nutzen zu können. Die meisten Unternehmen starten ihre KI-initiativen mit Datenanalysen („Data Analytics“). Es gibt eine ganze Reihe von grafischen Data Analytics Werkzeugen, die frei verfügbar sind und sich problemlos in Unternehmen nutzen lassen (PowerBI und Knime sind zwei weit verbreitete Beispiele). Auch ChatGPT lässt sich für grafische Datenanalysen einsetzen. Grafische Werkzeuge erleichtern der Mannschaft den produktiven Umgang mit den eigenen Daten und stellen den ersten Schritt für einen effektiven KI-Einsatz im Unternehmen dar.

Die Mannschaft trainieren

Artikel 4 der KI-Verordnung schreibt vor, dass Mitarbeiter, die mit der Entwicklung und dem Betrieb von KI-Systemen betraut sind, über ein angemessenes Maß an KI-Kompetenz verfügen müssen. Das Gesetz sieht zwar keine direkten Sanktionen vor, wenn Unternehmen dieser Pflicht nicht nachkommen. Die Qualifikation der Mitarbeiter liegt jedoch im eigenen Interesse. Chatbots, wie zum Beispiel Copilot oder ChatGPT können Fehler machen und eine grundlegende Kenntnis, wann mit Fehlern zu rechnen ist und wie sie sich vermeiden lassen ist für einen effektiven Einsatz unerlässlich. Grundlagen der Datenanalyse und des maschinellen Lernens stellen ebenfalls einen wichtigen Qualifikationsbaustein dar und verbessern den wertschöpfenden Umgang mit Daten.

Das Schiff sturmsicher machen

Es gibt einige wichtige gesetzliche Anforderungen, auf die Entscheider beim Einsatz von KI achten müssen. Hierzu zählen zuvorderst das Urheberrecht, die Datenschutzgrundverordnung und die KI-Verordnung. Entscheider sollten leicht verständliche Arbeitsinstruktionen und Leitfäden erstellen, welche Daten mit KI verarbeitet werden dürfen. Durch eine verbindliche Vorgabe kann der rechtskonforme Einsatz von KI im Unternehmen gesichert werden.

Eine besondere Hürde stellt dabei die Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung dar. Da viele KI-Modelle (wie sie auch von ChatGPT oder Copilot genutzt werden) in den USA gehostet werden, sind personenbezogene Daten dort in der Regel nicht geschützt. Es drohen somit Rechtsverstöße. Zusätzlich muss vorab geklärt werden, ob eine rechtssichere Verarbeitungsgrundlage vorliegt. Die erste Anlaufstelle für diese Fragen ist der Datenschutzbeauftragte des Unternehmens. Es gibt rechtssichere Möglichkeiten für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch KI, aber es erfordert eine sorgfältige Vorbereitung.

Neben den oben genannten Gesetzen gibt es noch eine Vielzahl von anderen gesetzlichen Anforderungen und sektoralen Vorschriften, die beim Einsatz von KI relevant werden können (zum Beispiel Kritis für kritische Infrastruktur oder Dora für das Finanzwesen). Insbesondere in hoch regulierten Bereichen lohnt sich daher das Anlegen eines Rechtskatasters.

Den Wetterbericht verfolgen

KI als Technologie bringt sowohl Chancen als auch Risiken mit sich. Dies gilt besonders in der Qualitätssicherung. In diesem Bereich liegen viele Daten in hoher Qualität vor, die nutzbar gemacht werden können. Für Entscheider müssen neue Technologien nicht bis ins letzte Detail verstehen, aber sie müssen wissen, woher der Wind weht. Welche Technologien lassen sich heute schon wertschöpfend einsetzen und bei welchen Technologien ist Vorsicht geboten?

KI-Methoden des maschinellen Lernens sind beispielsweise sehr ausgereift und heute in vielen Softwarelösungen integriert. Ein Beispiel die Statistiksoftware Minitab. Minitab ist populär bei SixSigma-Anwendern und es unterstützt inzwischen auch KI und maschinelles Lernen. KI und maschinelles Lernen werden in der Qualitätssicherung schon lange als zusätzliche Werkzeuge im Methodenkoffer eingesetzt und haben sich in der Praxis bewährt.

Neuere Methoden, wie der Einsatz großer Sprachmodelle (zum Beispiel ChatGPT und Copilot) haben diese Bewährungsprobe noch vor sich. Es gibt viele interessante Anwendungsmöglichkeiten von ChatGPT in der Qualitätssicherung. Besonders bei der Verarbeitung von unstrukturierten Daten haben Chatbots ein großes Potential, aber die Anwendungsfälle müssen differenziert betrachtet werden.

Eine zweite wichtige Information für Entscheider ist die Innovationsgeschwindigkeit. Wie beim Quecksilber im Barometer müssen Entscheider wissen, in welchen Bereichen eine hohe Innovationsgeschwindigkeit vorhanden ist. Wenn die Innovationsgeschwindigkeit hoch ist, ist es schwierig langfristig zu planen, weil die angestrebte Lösung in sechs Monaten schon wieder obsolet sein kann. Ein Beispiel hierfür sind KI-Agenten, die Zugriff auf externe Dienste haben (zum Beispiel Websuche, E-Mail oder Dateisuche). Die großen KI-Unternehmen wie Microsoft, Amazon oder Google arbeiten daran ihre KI-Modelle mit solchen externen Diensten zu verbinden, aber es hat sich noch kein Standard durchgesetzt. In solchen Fällen ist es sinnvoll, Projekte mit kurzer Amortisationszeit durchzuführen und sich nicht zu früh auf einen Anbieter festzulegen.

Bei anderen Anwendungsfällen, wie zum Beispiel vorausschauender Instandhaltung („predictive maintenance“) ist die Innovationsgeschwindigkeit deutlich niedriger. Hier können auch KI-Lösungen mit einer Amortisationszeit von 18 Monaten oder mehr sinnvoll sein.

Fazit

Zusammenfassend kann gesagt werden: Der Schlüssel, um KI in der Qualitätssicherung effektiv zu nutzen liegt in den vier Grunddisziplinen, die auch gute Seeleute beherzigen, wenn sich der Sturm ankündigt:

  • Gute Vorbereitung (der Daten) und Bereitstellung geeigneter Werkzeuge
  • Gute Ausbildung der Mannschaft
  • Aufmerksamer Umgang mit Risiken
  • Den Finger am Puls der Zeit haben

Durch die Einhaltung dieser Grunddisziplinen schützen Sie sich und ihr Unternehmen vor überzogenen Erwartungen an KI. Gleichzeitig können Sie KI nutzen, um langfristig Wertschöpfung zu erzielen, ohne dem Hype zu erliegen. Die DGQ hat ein Portfolio von mehreren Trainings erstellt, um Fach- und Führungskräfte bei der Umsetzung dieser vier Disziplinen zu unterstützen.

 

Über den Autor:
Dr.-Ing. Stefan Prorok ist Geschäftsführer der Prophet Analytics GmbH und DGQ-Trainer für Qualitätssicherung und Künstliche Intelligenz. Prophet Analytics unterstützt Unternehmen in allen Phasen Ihrer KI-Umsetzung mit Trainings- und Beratungsangeboten. Kontakt: ki@prophet-analytics.de

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